Meine Arbeit

So, es ist an der Zeit etwas über meine Arbeit zu schreiben.
Ich habe lange damit gewartet, weil sich diesbezüglich einiges geändert hat bei mir.
Anfangs sollte ich nur im Waisenhaus arbeiten und zusätzlich mit einigen Invaliden spazieren gehen, einkaufen, etc.
Weil aber das Waisenhaus sich nicht bei mir gemeldet hat, wurde mir eine neue Arbeit gesucht: im Kindergarten.
Allerdings braucht das Waisenhaus mich jetzt doch ein wenig.
Deshalb sieht es jetzt so aus, dass ich von Montag bis Freitag im Kindergarten bin, in einer Gruppe mit Kindern von 1-3 Jahren.
Und mittwochs und freitags gehe ich ins Waisenhaus, um dort einigen Kindern Nachhilfe in Mathe, Deutsch und Englisch zu geben.
Die Arbeit im Kindergarten gefällt mir sehr, auch wenn ich manchmal nichts zu tun habe, weil Kinder sich ja gut selbst beschäftigen können. Aber wenn ich dann mal helfen kann, beim Essen oder beim Anziehen der Kinder, macht es mir sehr viel Spaß und irgendwie merke ich gerade, dass Kinder ja doch toll sind, haha.
Im Waisenhaus ist es dagegen etwas schwieriger. Die Organisation dort gefällt mir nicht immer so gut, weil es vor kommt, dass ich hin fahre (eine Stunde Fahrt von unserer Wohnung aus) und dann erstmal eine halbe Stunde warten muss, bis die Kinder da sind oder man einfach vergessen hat, dass ich komme.
An sich ist es schön, dass ich dort etwas tun kann – auch weil man dort ja etwas bewirken kann, den Kindern wirklich helfen kann.
Andererseits.. naja, schwer.

Meine andere Arbeit besteht darin, mich um Invaliden zu kümmern.
Da habe ich 2-3 Menschen, die teils meine Hilfe brauchen und teils nur so tun.
Mit Ira, einer 42-jährigen Frau gehe ich jeden Mittwoch nach dem Waisenhaus „spazieren“. Das heißt eigentlich geht sie shoppen und verprasst ihre Rente und kauft sich jedes Mal Tonnen an unnötigem Zeug. Dazu ist sie ziemlich manipulativ und versucht mich mit Geschenken zu bestechen, sodass ich öfter und länger mit ihr „spazieren“ gehe. Letztens hat sie mir 200 Rubel geboten, damit ich noch eine Stunde länger bleibe… 4 Euro.
Das Problem bei Ira ist, dass sie selten bereit ist, wenn ich zu ihr komme. Dann braucht sie eine Stunde um sich fertig zu machen und das geht natürlich alles von der Zeit ab.
Zum Beispiel machen wir aus, dass ich um 16 Uhr zu ihr komme und zwei Stunden bleibe.
Fertig ist sie dann um 17 Uhr und sieht dann nicht ein, dass ich nur zwei Stunden Zeit habe – das ist ihr ein wenig egal.
Dann fängt sie fast an zu weinen und sagt, dass sie nur ein Mal die Woche aus dem Haus kommt und das ist, wenn ich zu ihr komme.
Dann schenkt sie mir einen Mantel, eine Jacke, einen Silberring, Nagellack, Äpfel und sie hat mir schon angekündigt, dass sie mir zu meinem Geburtstag einen großen Blumenstrauß und extra angefertigte Ohrringe schenkt.
Natürlich will ich die Dinge alle nicht annehmen, aber sie hört nicht auf, bis ich Ja sage.
Das ist natürlich alles etwas schwierig für mich, vor allem, weil sie ziemlich fordernd ist und denkt, dass ich verpflichtet bin, mit ihr so viel sie will „spazieren“ zu gehen.
Jedoch steht die Arbeit mit Behinderten nicht in unserer Arbeitsbeschreibung und ist auch gar nicht versichert. Daher ist es eigentlich eine zusätzliche Aufgabe, die wir alle hier machen und die Zeit geht von unserer Freizeit ab.
Das will Ira aber nicht verstehen, egal wie oft man ihr erklärt, dass man das jetzt freiwillig macht.
Meine anderen Invaliden sind aber super! 😀
Und zwar kümmern Jan-Philipp (einer meiner Mitbewohner) und ich uns um eine kleine Familie, bestehend aus: Natasha (eine ältere Frau), Ela (ihre Tochter) und Roman (ihr Enkel – sein Vater ist gestorben und seine Mutter verschollen, deswegen kümmert sie sich um ihn).
Zusammen sind sie eine sehr nett, witzige, aber irgendwie auch grob-humorige Familie, bei der es nie langweilig wird!
Wir reden viel mit ihnen, lernen viele Schimpfwörter, trinken viel Tee und Jan-Philipp wird immer gezwungen etwas zu essen – ich kann ja nicht, weil ich Veganerin bin. Dafür muss er umso mehr essen, haha.
Sie nehmen es mir oft übel, dass ich keine Süßigkeiten zum Tee esse oder keine Suppe, aber ich denke.. langsam gewöhnen sie sich dran!
Meine Aufgaben hier sehen so aus, dass ich hin und wieder vorbei komme, um der Oma zu helfen Roman in die Badewanne zu hieven und freitags gehen Jan-Philipp und ich zusammen hin und entweder geht er mit Roman raus (das kann nur ein Junge, laut deren Auffassung), muss dann erst den Rollstuhl runter bringen und anschließend Roman herunter tragen ODER ich gehe mit Ela raus. Dann muss Jan-Philipp trotzdem mitkommen, weil er den Rollstuhl runter tragen muss und mir helfen muss Ela (auf dem Rollstuhl) Treppen herunter zu bringen.
Allerdings kann sie – zwar beschwerlich, aber dennoch beachtlich gut – Treppen hinunter gehen. Aber klar, wenn sie dann schon mal im Rollstuhl sitzt, kommt sie auch schwer wieder raus und dann ist es einfacher, sie mitsamt Rollstuhl hinunter zu rollen.
Bei dieser Familie bin ich sehr gerne, weil sie witzig sind und herzlich und auch nicht zu viel verlangen – im Gegenteil! Ich muss sogar manchmal noch sagen, dass ich gerne öfter vorbei kommen kann, wenn die bei irgendeiner Sache Hilfe brauchen.
Es ist auf jeden Fall eine interessante Arbeit und es ist sehr interessant zu sehen, wie unterschiedlich manche Menschen mit ihrem Schicksal umgehen und was es auch für Auswirkungen auf ihre Psyche hat.
Zum Beispiel ist Ira ein schlechterer Mensch geworden durch ihre Krankheit. Sie ist egoistisch und selbstsüchtig, egozentrisch, misstrauisch, manipulativ und gemein – auch wenn sie gute Seiten hat, die ich an ihr mag, sind das die Eigenschaften, die leider überwiegen.
Roman und Ela hingegen sind fröhliche und glückliche Menschen. Vor allem Ela lacht sehr viel und reißt gerne Witze und kann auch über sich selbst und ihre Behinderung lachen, was sie zu einem sehr zugänglichen und einfachen Menschen macht, mit dem man gerne redet oder etwas unternimmt.
Ich freue mich sogar jedes Mal, wenn ich zu ihnen gehe, weil es sehr fröhlich zugeht, bei ihnen Zuhause!

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